Dienstag, 4. Dezember 2012

tagebuch der empörung VII

1. die cdu streitet um die steuerliche gleichstellung von homosexuellen. angela merkel spricht sich gegen diese aus, weil die aus ihrer sicht normale heterosexuelle ehe den prinzipien einer familie entspricht und damit auch vom staat besonders geschützt werden müsse. auch horst seehofer betont die notwendigen privilegien der heterosexuellen ehe. hört man diese worte der politikerinnen und politiker, fragt man sich schon, in welchem jahrhundert wir uns befinden. unabhängig von der sexuellen orientierung können sich doch menschen dafür entscheiden, sich dauerhaft zu binden. und darum sollte es doch gehen, oder nicht?

während natürlich eine weitere grundsätzliche überlegung ist, ob die steuervorteile von verheirateten noch zeitgemäss sind. widersprechen sie nicht einer gesellschaftlichen realität?

2. saudi-arabien bekundet interesse an panzern aus deutschland. es geht um mehrere hundert radpanzer des modells „boxer“, die zu den modernsten gefechtsfahrzeugen gehören. sie sollen von der königlichen garde eingesetzt werden. die deutsche regierung wiederum will diesen deal nicht ausschliessen, sondern hat ihn vorerst nur verschoben. eine studie des stockholmer friedensforschungsinstitutes sipri zeigt, dass deutschland in den jahren zwischen 2005 und 2009 seine rüstungsexporte mehr als verdoppelt hat. vor allem der verkauf von kriegsschiffen und militärfahrzeugen ist deutlich angestiegen (bericht in der tagesschau). In den jahren zuvor hatte die deutsche bundesregierung bezüglich rüstungsexporten eher zurückhaltend agiert, damit scheint nun schluss zu sein. vor allem bei ländern wie saudi-arabien, die eine problematische menschenrechtslage haben, sollten jedoch bedenken bestehen und nicht nur finanzielle aspekte im vordergrund stehen. so wird beispielsweise von organisationen wie amnesty international vermutet, dass auch politische unruhen im land mit dem panzer bekämpft werden können und so mit deutscher hilfe die saudi-arabische regierung eventuelle aufstände niederschlagen kann. und sowieso: dass einige vom krieg anderer profitieren ist eine echte perversion.

3. es geht einfach immer nur ums geld. der brand in einer textilfarbik in bangladesch vergangene woche zeigte erneut, wie andere für unsere billige kleidung leiden. über hundert menschen, vorrangig junge näherinnen, sind bei diesem unfall ums leben gekommen. mangelnde sicherheitsvorkehrungen waren der grund dafür. notausgänge seien verschlossen gewesen, feuerlöscher hätten nicht funktioniert, so heisst es. Interessanterweise verweisen discounter wie kik nun darauf, dass wohl die asiatischen produzenten noch keinen blick für die notwendigkeit des feuerschutzes hätten (bericht auf ntv.de). der punkt ist, dass auch die europäischen auftraggeber, für die diese fabriken produzieren, ein auge darauf haben sollten und nun nicht auf so billige weise die schuld abweisen können. möglichst billig produzieren, damit wir in den industriestaaten uns günstig einkleiden können. hier werden menschenleben aufs spiel gesetzt, um den preis zu drücken. billig ja, aber immer auf kosten anderer!

Donnerstag, 22. November 2012

einfach billig

werbung mit nackten oder leichtbekleideten frauen gibt es viele. eine aktuelle werbekampagne jedoch hat wirklich eine grenze überschritten: die vom onlineshop redcoon: http://www.youtube.com/watch?v=lmvoimj59pi

hier werden frauen wie gina-lisa lohfink, micaela schäfer, jordan carver und sandra lang gezeigt, die es scheinbar als kompliment sehen, „billig“ auszusehen. alles in diesen spots, die im fernsehen gezeigt werden aber auch durchs internet kursieren, dreht sich um den begriff „billig“. da wird aufgeführt, wie „billig“ es die verschiedenen frauen mögen, z.b. „jordan mag es extrem billig“ und währenddessen werden die brüste von jordan carver in grossaufnahme präsentiert. dafür müssen wir noch nicht mal ihr gesicht sehen. warum auch? um das gesicht geht es hier ja gar nicht.

für mich ist der anblick dieser werbespots unerträglich. ich ärgere mich und frage mich, was hier für eine vorstellung vermittelt wird, wie eine frau sein sollte und könnte. „billig“ zu sein scheint etwas ganz grossartiges und erstrebenswertes.

und was bedeutet das eigentlich – „billig“? es spielt auf die käuflichkeit von frauen an. die frau muss einfach nur überdimensionale brüste haben oder sonstwie so gebaut sind, dass männer es ganz herrlich finden, und dann ist sie viel wert. und dann kann man sie auch haben?

mich würde bei solchen werbekampagnen interessieren, wie die protagonistinnen über ihre darstellung denken und ob in der produktion weitere frauen beteiligt waren. oder ob das alles aus männer hand entstanden ist. und ich frage mich, ob diese frauen wirklich so ihre emanzipation feiern wollen (so sehen sie es vielleicht sogar). es sind wirklich werbespots, die verboten gehören, weil ich mich hier beleidigt und auch als frau diskriminiert fühle. und ich glaube kaum, dass ich allein damit bin.

billig ist hier nur der werbespot.

Samstag, 27. Oktober 2012

kleine ungenauigkeiten

wann sind kleinigkeiten echte kleinigkeiten? wann ist eine ungenauigkeit nur ein fehler und wann eine beleidigung? wo ziehen wir die grenze, was akzeptiert werden muss?

ich konnte diese woche wieder mal erfahren, dass viele menschen nur unverständnis äußern, wenn man sich über sexismus beschwert. wieder konnte ich mir dem vorwurf anhören, eine alte feministin à la alice schwarzer zu sein. auch wenn mir der vergleich ziemlich stinkt. auch sind die leute an sich schon empört über die tatsache, dass man scheinbare kleinigkeiten thematisiert. ja, es gibt dinge, die sind tatsächlich banal. es gibt zum beispiel rechtschreibfehler, die eher niedlich oder einfach völlig egal sind. aber es gibt auch solche, die den worten einen neuen sinnzusammenhang geben und dann gibt es unter umständen doch einen grund, sie zu korrigieren. 

und so fing alles an: vor ein paar tagen habe ich eine email an einen küchengestalter geschrieben, weil mir die werbung dieses unternehmens unangenehm aufgefallen war. sie werben auf einem bus mit dem slogan „mit kreativität machen wir ihre traumküche bezahlbar“. bemerkenswert daran ist, dass das possesivpronomen „ihre“ klein geschrieben war, es also nicht wie eine höfliche anrede sondern als ob es hier um frauen ginge. man könnte dem unternehmen unterstellen, dass in dieser werbung tatsächlich impliziert werden sollte, dass küchen sowieso ein frauenthema sind und daher es nur um "ihre traumküche" (nämlich die der frau) gehen kann. dass es schlicht eine sexistische werbung ist. ich ging eher davon aus, dass es tatsächlich einfach ein rechtschreibfehler ist. trotzdem verwundert mich, dass er nie bemerkt worden ist und, da er dem satz eine neue bedeutung gibt, fände ich persönlich es auch angemessen, den fehler zu korrigieren. was tat ich also? ich fotografierte die buswerbung und stellte dem küchengestalter per mail die frage, ob diese schreibweise beabsichtigt sei. und falls nein, warum der rechtschreibfehler nie behoben worden ist.

ich erhielt sehr zügig eine wirklich freundliche antwort vom chef des unternehmens, in dem er mir versichert, dass es tatsächlich nur ein fehler sei. dieser sei noch nie festgestellt worden und soll nun korrigiert werden. ich bin sehr zufrieden mit seiner reaktion. unzufrieden bin ich mit der reaktion von einigen menschen in meinem umfeld. bei facebook hatte ich den mailverkehr für meine bekannten und freunde öffentlich gemacht und diese kommentierten ihn zahlreich. die meisten begannen darauf herumzuhacken, wie kleinlich diese aktion doch sei. eigentlich sei es so ein banaler fehler und diesen nun zu korrigieren, koste das unternehmen geld und dann wurde ich auch gefragt, ob ich eigentlich nichts besseres zu tun habe oder unter langweile leide.

nein, ich habe keine langeweile und ich habe tatsächlich trotzdem nichts „besseres“ zu tun. ich glaube, dass gerade diese kleinen ungenauigkeiten, diese unbeabsichtigten formulierungen bedeutsam sind. ich finde es wichtig, auf sie hinzuweisen und über sie zu sprechen. natürlich kann man darüber diskutieren, ob es notwendig ist, diese werbung nun korrigieren zu lassen. auf so eine diskussion lasse ich mich sehr gerne ein. aber mit fast beleidigenden sprüchen auf die aktion zu reagieren ist einfach nur billig. da frage ich mich: habt ihr eigentlich nichts besseres zu tun?

ich stelle ausserdem dabei fest: feminismus ist nicht „salonfähig“, sondern wird immer noch belächelt (siehe auch: vom feminismus).

wo wollen wir beginnen, die gesellschaft zu verändern, wenn nicht im kleinen? und überhaupt: wenn man so denkt, gibt es eigentlich diese kleinigkeiten gar nicht. kleinigkeiten sind manchmal eben nicht nur kleinigkeiten. sie sehen nur so aus.

Freitag, 5. Oktober 2012

feilschen erlaubt

die welt ist aus meiner sicht wie ein gigantischer marktplatz voller angebote an situationen, gegenständen und personen.

viele menschen glauben weiterhin, es gäbe hier fixe preise. vermutlich einfach, weil sie fixe preise gewohnt sind. ihnen ist nicht klar, dass wir nicht alles nehmen und kaufen müssen, was uns angeboten oder aufgeschwätzt wird. sondern dass es auch dinge und situationen gibt die wir ablehnen können und teils auch müssen. weil uns der preis zu hoch ist oder einfach, weil uns das betreffende nicht gefällt.

und ein weiteres prinzip ist vielen menschen fremd geworden: das feilschen. wie auf einem flohmarkt oder einem indischen basar müssen die preise und auch die gegenstände immer wieder ausgehandelt werden, bevor wir sie mitnehmen. viele menschen halten idealismus für lächerlich, weil sie die bedingungen des feilschens vergessen haben: die kundin fordert immer etwas, was über seine eigenen erwartungen hinausgeht. wohlwissend, dass die verkäuferin das gleiche tut. irgendwo in der mitte treffen sich verkäuferin und kundin und im besten fall können beide seiten zufrieden sein.

ich denke, wir müssen uns hohe ziele, hohe ideale stecken, um zumindest den weg dahin zu begehen. beim ersten kompromiss nicht gleich aufgeben und nicht gleich argumentieren, es lohne sich ja doch nicht, zum beispiel auf die strasse zu gehen und zu demonstrieren.

unter diesem aspekt hören sich doch songs wie das wunderbare „keine macht für niemand“ von ton steine scherben (youtube-link) gleich ganz anders und gar nicht so abgefahren absurd an, oder?

Mittwoch, 19. September 2012

tagebuch der empörung IV

1.) obwohl es im internet angekündigt war, verhinderte keiner den gestrigen angriff der neonazis auf eine gruppe von flüchtlingen. diese hatten vor dem landtag in erfurt gemeinsam mit zahlreichen unterstützern für bessere lebensbedigungen für flüchtlinge in deutschland demonstriert. hauptkritikpunkte waren die residenzpflicht, die situation in den asylbewerberheimen und das gutscheinsystem bei den lebensmitteln. auch setzten sie sich für eine arbeitserlaubnis ein. mit flugblättern und transparenten erschien plötzlich eine kleine gruppe von neonazis, von denen angeblich einige zur npd-parteiführung in thüringen gehören. sie gingen auf die flüchtlinge zu und es kam zu prügeleien. die polizei schritt zu spät gegen die nazis ein bzw. hätten sich schon im vorraus gegen sie stellen müssen. das verwundert, denn die neonazis hatten ihren angriff auf die demo bereits im internet angekündigt. warum war darüber keiner bei der polizei informiert? warum wurden nicht mehr beamte eingesetzt, um die flüchtlinge zu schützen?

2.) die pille danach zu bekommen ist in deutschland so kompliziert, dass sie häufig erst zu spät eingenommen wird. darauf weisen politikerinnen und ein guter artikel bei zeit online (die pille zu spät danach) hin. demnach kann man in den meisten eu-staaten die pille danach rezeptfrei erhalten, in deutschland dagegen ist oft eine odysee von arzt zu arzt nötig, um überhaupt an ein rezept zu gelangen. angeblich ist dies vor allem in katholischen kliniken und in krankenhäusern ohne gynäkologische abteilung besonders schwierig. das bedeutet, dass es ganze städte gibt, in denen es unter umständen unmöglich ist, ein rezept zu erhalten. und dabei zählt in diesem fall jede stunde! wer nun argumentiert, die pille danach würde dafür sorgen, dass keiner mehr verhüten wird, liegt vermutlich ziemlich falsch. das medikament wird weiterhin teurer sein als jedes verhütungsmittel. wenn jedoch die pille danach rezeptfrei erhältlich wäre, würde sie die betroffene frau rechtzeitig einnehmen können. damit werden abtreibungen verhindert. auch die weltgesundheitsorganisation empfielt, die rezeptflicht für die pille danach aufzuheben. wann gibt es hier endlich ein umdenken auch in deutschland? wann lässt endlich auch die katholische kirche frauen über ihren eigenen körper bestimmen?

3.) nach zahlreichen anderen unternehmen und portalen hat nun auch couchsurfing seine datenschutzbestimmungen so geändert, dass man eigentlich austreten müsste. traurig, denn diese amerikanische plattform, die zur vermittlung von schlafplätzen, aber auch reisepartnern und kaffee-gesellschaft dient, hatte bisher so etwas freies und unkonventionelles. ja, es hatte fast antikapitalistische züge dieses system, das weniger betuchten menschen tolle chancen eröffnete. seit dem 14. september jedoch hat auch couchsurfing seine kapitalistische seite gezeigt. ab sofort können nicht nur private daten an dritte weitergegeben werden, sondern falls bei couchsurfing agb oder datenschutzbestimmungen geändert werden, müssen die beitreiber des portals darüber nicht mal mehr informieren. allein die nutzung der seite ist eine zustimmung zu diesen neuen regelungen. zu wenige nutzer haben dies jedoch mitbekommen, was einen protest dagegen erschwert. es scheinen sich viele couchsurfer damit nicht zu beschäftigen oder es ist ihnen wohl egal. oder wir jungen menschen, die ja fast schon „digital natives“ sind, sind inzwischen einfach bereit, in der währung „private daten“ zu bezahlen …

Dienstag, 11. September 2012

ironie

wir sitzen zusammen und schimpfen
wir ärgern uns darüber, dass es seit vier tagen kein warmes wasser bei uns im viertel gibt
eiskalt kommt es aus der leitung.
jeder erklärt seine taktik des geschirr spülens und haare waschens
wir sagen: hoffentlich hat das bald ein ende
wir wollen wieder eine warme dusche.

als ich nach hause komme fließt auch kein kaltes wasser,
die ganze nacht und den ganzen vormittag kein wasser, nicht mal eiskaltes.

als würde sich jemand lustig machen über uns
als würde uns jemand auf unsere luxusprobleme und die wirklich wichtigen dinge hinweisen wollen

Sonntag, 19. August 2012

tagebuch der empörung V

1.) die drei musikerinnen der kremlkritischen band „pussy riot“ kommen für zwei jahre hinter gitter. nicht in ein normales gefängnis, nein. sie kommen zusammen mit schwerkriminellen wie möderinnen in ein straflager. interessanterweise gibt es in russland für männer diverse gefängnistypen. für frauen jedoch gibt es nur diese art von straflager, in denen die frauen gemeinsam in baracken untergebracht sind. ob diese strafe für die jungen frauen angemessen ist? ihr kurzes (nicht mal eine minute langes) „punkgebet“, das sich gegen putin richtet und in einer kirche aufgeführt wurde, hat einen skandal ausgelöst. doch selbst religiöse menschen sind der meinung, die strafe sei unverhältnismässig. die strafe deckt aber etwas auf, was die feministischen musikerinnen schon länger anprangern: dass die russische justiz nicht unabhängig ist und dass das verhältnis zwischen den russischen machthabern und der orthodoxen kirche zu eng ist.

2.) die bundeswehr darf nach einem neuen beschluss vom vergangenen freitag auch im inneren eingesetzt werden. nun darf innerhalb von deutschland mit militärischen mitteln gegen terrorismus vorgegangen werden, falls polizeiliche mittel nicht ausreichen sollten. ja, es gibt beschränkungen. so soll es nur in „ausnahmesituationen katastrophischen ausmaßes“ zu einem einsatz kommen und damit sind offiziell auch demonstrationen ausgeschlossen. doch diese zivil-militärische kooperation bei demonstrationen wäre nichts neues, man hatte sie bereits 2007 beim g8-gipfel in heiligendamm erleben können, wo eine art ausnahmezustand erklärt wurde und die bundeswehr im einsatz war. die „ausnahmesituationen katastrophischen ausmasses“ sind im gesetzesentwurf tatsächlich nicht definiert, sodass es schnell zu umstrittenen einsätzen kommen kann. umstritten ist der beschluss sowieso schon. denn für viele kritikerinnen kommt er einer heimlichen verfassungsänderung gleich.

3.) die spanische regierung will abtreibungen, auch die nach einer vergewaltigung, wieder verbieten. im oktober dieses jahres soll der neue gesetzesentwurf vorgelegt werden. dies war eines der wahlversprechen der mit absoluter mehrheit regierenden volkspartei, die nun die konservativen gemüter beruhigen muss. mich beruhigt das überhaupt nicht. spanischen frauen die entscheidung über ihren eigenen körper abzusprechen, ist menschenunwürdig. nicht die abtreibung ist das verbrechen sondern der einfluss der politik darauf, was frauen mit ihrem körper zu tun und zu lassen haben.

Montag, 6. August 2012

vom flüchten

endlich berichtet auch spiegel online in einem guten artikel (fakten gegen stimmungsmache) darüber: asylbewerberinnen bedrohen keineswegs unseren lebensstandard. sie kommen gar nicht in der großen anzahl in unser land, wie man meinen könnte. und asylbewerberinnen sind zum großteil kein schmarotzer, die es sich bei uns gut gehen lassen.

meinen engen freunden ist diese nachricht nichts neues. aber in vielen kreisen ist noch immer der gedanke weit verbreitet, da kämen massen an einwanderern, die uns geradezu plündern. man möchte weder mit ihnen zusammen leben noch zusammen arbeiten. genau das wird vom staat sowieso nicht unterstützt. in quasi sammellagern hausen (leben möchte ich das nicht nennen) unsere asylbewerberinnen, in denen es kaum freiraum für eigenes und für ruhe gibt. zum teil erhalten sie nur lebensmittel, die sie auf listen auswählen dürfen (erinnert irgendwie an lebensmittelmarken), sie werden in ihrer bewegungsfreiheit eingeschränkt, da sie nicht ihren landkreis verlassen können, und dürfen nur gering arbeiten gehen. daher arbeiten sie des nachts bei mcdonalds und putzen uns feierwütigen und mitternachtshungrigen hinterher.

die mehrheit von ihnen ist geflohen aus ihrem land, ist traumatisiert. kaum einer verlässt sein zuhause und seine familie einfach nur so. allein diese flucht zeigt, dass die lebensumstände vor ort nicht gut sein können. sie sind nicht hier, um zu schmarotzen. sie sind hier, um sich ein neues leben aufzubauen. ich kenne eine lesbische junge frau, die aus ihrem heimatland morddrohungen erhält und die deutschen beamten behaupten stets, diese briefe könnten ja auch von ihr selbst geschrieben worden sein. beweise deine feinde, beweise die echte gefahr! was wird hier erwartet. es ist unmenschlich.

ich denke: menschlich wäre es, menschen zu vertrauen und ihnen glauben zu schenken. und ja, dabei würden auch schmarotzer durchkommen. natürlich gibt es immer ein paar, die das system ausnutzen. aber die muss man hinnehmen können, weil es sie in jedem system gibt. es gibt auch in deutschland geborene menschen, die sozialschmarotzen.

ein erster schritt in die richtige richtung ist getan. am 18. juli entschied das bundesverfassungsgericht, dass die üblichen leistungen für asylbewerber und kriegsflüchtlinge zu niedrig sind, dass sie menschenunwürdig seien. sie müssen nun auf das niveau von hartz 4 und sozialhilfe erhöht werden. erhöht werden muss jetzt vor allem noch das bewusstsein und der respekt in den köpfen.

Mittwoch, 4. Juli 2012

von nackten brüsten

mit nackten brüsten, mit nackter haut im allgemeinen, erreicht man weiterhin die breite öffentlichkeit. sex sells, das weiß ja jedes kind. die feministische bewegung "femen", die aus der ukraine kommt und europaweit für schlagzeilen sorgt, macht sich das zunutze. sie entblößen demontrativ ihre oberkörper, um gegen sextourismus, sexismus, wladimir putin und die unterdrückung der frau zu protestieren. interessanterweise sind das vorrangig junge, schlanke und auch sonst dem aktuellen schönheitsideal entsprechende frauen.

auf der einen seite bin ich erleichert. hängt feministischen gruppen doch immer das vorurteil an, diese frauen seien einfach mannsweiber, die keinen kerl abbekommen haben. allein diese formulierung ist ein sprachlicher gewaltakt, weil frauen über den mann definiert werden, das ist mir bewusst. ich freue mich ein wenig über diesen – entschuldigt diese denkweise! – ästhetischen protest. und dennoch ist das für mich eine schwierige form des feministischen widerstands. diese frauen wollen nicht als sexobekt gesehen werden, sie möchten gegen die sexualisierung der frau demonstrieren. sexualisieren sie ihren widerstand um dies zu erreichen!?

im prinzip erscheint es logisch. denn damit bestehen beste chancen, auch wirklich in den medien erwähnt zu werden. beste chancen, gesehen zu werden. aber ist das wirklich der richtige weg? der versuch, die öffentlichkeit zu erreichen, gelingt. die bilder von oben ohne demontrierenden frauen geht um die welt. es wirkt. denn junge, nackte frauenkörper positioniert man gerne in den medien. nun darf man sie sogar auf der politik-seite zeigen und muss sich als zeitung nicht mal schämen. die frage ist, ob aber auch der diskurs danach stattfindet. gelingt es, die öffentlichkeit mit dem eigentlichen thema des protestes zu erreichen? blicken viele medien und viele menschen hinter diesen bloßen oberkörper? oder anders gefragt: hat "femen" auch die chance, nicht nur gesehen, sondern auch gehört zu werden?

selbstverständlich wird in tageszeitungen, fernsehprogrammen und internetforen klargestellt, warum diese frauen sich öffentlich ausziehen. natürlich interessiert es auch immer wieder die menschen, warum die jungen mädchen diese form des protestes wählen. aber aus meiner sicht wird hier der protest oft viel zu verkürzt dargestellt. mehr noch - ich bemerke auch das: da ergötzen sich männer (und vermutlich auch frauen) an den bildern nackter frauen. im internet kursieren fotos, die jeweiligen kommentare bei facebook unter diesen bildern sind "geil", oder ähnliches. für viele spielt die berichterstattung keine rolle, hier findet schlicht lust an sensation und nackter frauenhaut statt.

und das ist die traurige ironie der "femen"-bewegung: mit dem antisexistischen protest wird schlicht sexistisch umgegangen.
oder ist gar die bewegung selbst auch sexistisch?

diese frauen zeigen mit ihrer form des protestes scheinbar, dass ihr (nackter) körper ihre wichtigste waffe ist. und genau das ist der fehler. frauen müssen zeigen, dass sie mehr als nur ihre brüste sind. dass sie nicht schön sein müssen, um gehört zu werden. dass sie nicht nackt sein müssen, um thematisiert zu werden. dass sie nicht auf sexistische muster zurückgreifen und ihre bewegung sexualiseren müssen. aber genau das machen "femen" und nachahmende bewegungen.

darum meine ich: es ist ein wenig sinnvoller widerstand.

Montag, 25. Juni 2012

tagebuch der empörung IV

1. erst vor kurzem tauchten details über syphillis-studien auf, die in den 1940er jahren in guatemala durchgeführt wurden. bei diesen hatten us-amerikanische ärzte mit zahlreichen menschen versuche gemacht. heftig ist vor allem diese information: menschen wurden absichtlich mit geschlechtskrankheiten wie syphillis etc. infiziert, um den wirkstoff penicillin zu erforschen. ein perverses und unmenschliches verhalten haben diese mediziner gezeigt, von denen sich vor allem john cutler einen namen machte. dieser verstarb 2003 ohne sich jemals entschuldigt zu haben. und die verwitwete ehefrau meint dazu schlicht, es seien andere zeiten gewesen.
andere zeiten – die alles legitimieren? die es erlauben, menschen so zu behandeln? erschreckend diese perspektive. erschreckend auch, dass die klage der bis heute betroffenen zurückgewiesen werden wurde. begründung: die usa könne auf verletzungen, die im ausland zugefügt wurden, keine ansprüche geltend machen. (guter bericht auch bei zeit online).

2. dirk niebel, deutscher bundesminister für wirtschaftliche zusammenarbeit und entwicklung, hat am freitag die hand des neuen staatschef paraguays geschüttelt. die nachricht, die weltweit ankam ist die: niebel und damit auch die deutsche regierung erkenne den machtwechsel an. dabei hat keines der südamerikanischen staaten das bisher getan. das hat vor allem damit zu tun, dass federico franco, der neue staatschef, unter bislang ungeklärten umständen ins amt kam. niebel unterstützt öffentlich die putschisten und den staatsstreich in paraguay.
der entwicklungsminister hat sich in den letzten jahren besonders dafür engagiert, die wirtschaftliche entwicklung deutschlands voranzutreiben. auch die aktuelle handlung wird seiner position in keinster weise gerecht und man fragt sich:
ist niebel blauäugig? oder auf dem rechten auge blind?

2. die fußball-em bringt wieder unverhohlenen patriotismus zutage. mich beschäftigt die idee, warum ausgerechnet staaten gegeneinander spielen müssen und ob es dazu keine alternativen gibt. staaten waren für viele jahre eine wichtige ordnungseinheit und sie dienen auch heute noch dazu, mannschaften zu bilden. soweit so gut. es ist in ordnung, für die deutsche mannschaft zu sein. genauso wie es in ordnung ist, für die italienische mannschaft zu sein. problematisch wird es erst dann, wenn sport und fußball vermischt werden. stolz auf die deutsche mannschaft muss nicht stolz auf deutschland bedeuten. den deutschen fußball zu feiern bedeutet nicht deutschland zu feiern. leider geht das im getümmel oft unter. man muss penibel auf die unterschiede zwischen fußballfeierei und nationalistischem denken achten. leider sind die grenzen oftmals fließend. es ist wichtig, wachsam zu bleiben.

Dienstag, 5. Juni 2012

deutschlands rassistischer alltag

für manche menschen in deutschland ist rassismus alltäglich, der alltag in deutschland oft rassistisch. in gesprächen mit freunden und bekannten stelle ich immer wieder fest, wie wenig sie zum teil darüber wissen. wer damit nicht selbst zu tun hat, kann es sich oft nur schwer vorstellen. "immerhin leben wir ja in deutschland!" heißt es dann, in der annahme, hier ginge alles so friedlich und fair und tolerant zu. und die polizei würde die menschenrechte mitverteidigen oder so. erst im kontakt mit migrantinnen – und den haben leider nicht alle, da unsere gesellschaft eben nicht eine "salad bowl" ist – wird einem oft deutlich, welchen rassismen sie im alltag begegnen.

schwarze bekannte berichten von den unzähligen passkontrollen, denen sie sich ausgesetzt fühlen. ich selbst wurde noch nie einfach so von der polizei aufgehalten und gebeten, meinen personalausweis zu zücken. ihr? menschen, bei denen aufgrund der hautfarbe, der form ihrer augen oder sonstiger angeblich typischer merkmale vermutet wird, dass sie nicht deutsche sind, müssen das ständig! ich kenne menschen, die etwa jede woche einmal geprüft werden. dies geht auf das "racial profiling" zurück, eine gängige verdachtsunabhängige kontrolle nach schlicht rassistischen kriterien. polizistinnen kontrollieren also gezielt ausländisch aussehende, vor allem schwarze mitbürgerinnen (siehe auch alltäglicher rassismus in deutschland). jede, die das nicht glauben kann, ist vermutlich einfach nur in der glücklichen lage, davon nicht direkt betroffen zu sein.

ein anderes beispiel. eine dunkelhäutige freundin von mir ist in einem club und steht mit freunden am tresen. ein junger mann spricht sie an und fragt, ob sie nicht tanzen mag. als sie verneint, fragt er sie lächelnd: "eigentlich müsstest du doch das tanzen im blut haben!". als wir darüber sprachen, meinte eine bekannte, das sei doch eigentlich ein kompliment gewesen. nämlich, dass sie gut tanzen könne, natürlich aufgrund ihrer herkunft. ein kompliment, das rassistische denkweisen als basis hat? meine freundin jedenfalls meinte, dies schlimmer zu finden als jeden "negerkuss", den sie in ihrer kindheit mit freude gegessen hat. es ist diese seltsam form des rassismus, die sich so lange halten kann, weil menschen die brisanz nicht sehen. die diese aussagen als nicht rassistisch, sondern als kompliment abstempeln. doch: auch dies ist rassismus, denn er geht auf die denkweise zurück, dass menschen aufgrund ihrer hautfarbe anders sind. er führt dazu, dass menschen aufgrund ihrer hautfarbe anders behandelt werden. man nennt dies positiven rassismus.

vermutlich würde auch die firma kraft foods genau so ihr produkt verteidigen, die ihre "zigeunersoße rassig pikant" weiterhin verkauft. daher möchte ich hier nochmal auf meinen beitrag zu diesem lebensmittel, das mich im höchsten maß empört, hinweisen (rassig pikant). nicht zuletzt in der kommenden grillsaison werden wir dieser soße vermutlich immer wieder begegnen.

genauso wie menschen mit für deutsche untypischem aussehen immer wieder im alltag rassismen begegnen müssen. ich meinte oben, dass viele von uns nicht direkt betroffen davon sind, zum beispiel auch ich nicht. indirekt sind wir jedoch alle davon betroffen. denn diese gesellschaft bleibt auch so, wenn wir nichts dagegen tun. wenn wir nicht zivilcourage beweisen und in momenten, in denen wir derartiges bei der anderen erleben, einschreiten und entrüstet "stopp!" sagen.

Dienstag, 15. Mai 2012

vom hunger

erschreckend, aber wahr: in indien verrotten derzeit mehrere millionen tonnen weizen, während unweit davon menschen verhungern. vor ein paar tagen hat spiegel online darauf hingewiesen (artikel bei spiegel online).
seit einem jahr bereits liegt in nordindien das getreide in säcken. der lange zeitraum hat diese säcke löchrig werden lassen, der regen den weizen durchnässt. die erklärung? angeblich gab es eine gute ernte. alle sattzubekommen scheitert jedoch an der lagerung, die nicht ausreichend organisiert ist. vermehrter export ist nicht sinnvoll, da dies den preis für den weizen im inland erhöhen würde. aber auch subventionierung für die ärmere bevölkerung rechnet sich letztlich nicht, so experten.

diese vorgänge in indien sind eine passende metapher für den zustand auf der ganzen welt. es ist genug zu essen da. an der verteilung jedoch scheitert es. schon der bemerkenswerte indische ökonom und philosoph amartya sen hat mit seiner intensiven forschung zur armut darauf hingewiesen. und wir kennen die bilder nun zur genüge: extreme lebensmittelverschwendung in europa und nordamerika, hungernde menschen in anderen teilen der welt. es liegt nicht an der überbevölkerung. es liegt an der verteilung. was am beispiel indien nun so krass ist, dass die verrotteten lebensmittel so nah an den hungernden sind. vermutlich kommen menschen hier täglich an den lagerstätten vorbei, dürfen sich jedoch nicht bedienen. die menschen sitzen quasi am gedeckten tisch, aber dürfen nicht zugreifen. skandalös finde ich das. und deutlich mehr als nur einen kleinen online-artikel wert.

und indiens wirtschaftslage – ist sie so schlecht? vor kurzem erst ließ die indische regierung für umgerechnet einige millionen euro eine interkontinentalrakete testen. für rüstung ist immer genug geld da. zu oft werden finanzielle interessen in den vordergrund gerückt, anstatt die menschen satt werden zu lassen. geld ist für viele mehr wert als menschenleben. und da bleibt meine kritik nicht auf indien beschränkt. auch die spekulanten um grundnahhrungsmittel sind teil der misere.

doch: das "aufsteigerland" indien, das als die größte, weil bevölkerungsreichste, demokratie der welt bekannt ist, sollte sich vielleicht darauf konzentrieren, seine bürger satt zu bekommen. und damit eine echte demokratie zu sein, die dem bürger dient.

Mittwoch, 2. Mai 2012

vom feminismus

oft höre ich in diskussionen oder alltags-gesprächen den begriff des feminismus. er begegnet mir meistens in abwertender form. "du alte feministin!" ist einer der aussprüche, die ich mir anhören muss. ich schreibe "muss", denn jedesmal, nachdem eine solche äußerung gefallen ist, frage ich mich: soll ich darauf stolz oder beleidigt sein, es als selbstverständlich annehmen oder irritiert werden? zur irritation reicht es leider schon. das hat jedoch nichts damit zu tun, dass ich nicht als feministin dargestellt werden möchte. daher dieser text.

ich finde es eigentlich verrückt, dass der feminismus eine so negative assoziation bei vielen hat. denn was würden wir heute ohne die feministinnen von damals und heute machen? wie würden wir ohne eine engagierte frauenbewegung leben? wie würden wir denken?

warum aber gibt es diese negative komponente des feminismus-begriffes? und warum begegnen mir männer und frauen gleichermaßen damit, es wie eine beschimpfung einzusetzen? wenn sich beispielsweise eine frau nicht die beine rasieren mag. oder wenn sie leidenschaftlich fußball spielt. wir beschweren uns über die unglaublich hohen erwartungen, die heutzutage an uns gestellt werden, auch bezüglich unserer geschlechtlichen identität. aber an wen richtet sich unsere beschwerde? wir selbst sind die gesellschaft, die werte prägt. wenn jemand etwas ändern kann, dann wir. und das handeln beginnt im kopf, immer.

mich ärgert, wenn frauen sich selbst unterordnen, um "geliebt" zu werden. mich ärgert, wenn frauen tätigkeiten des haushalts ganz selbstverständlich übernehmen. mich ärgert, wenn frauen einen kumpel anrufen, der das fahrrad repariert, anstatt es selbst zu versuchen. diese beispiele klingen zum teil banal, zum teil absurd. ich erlebe und sehe sie ständig. ich nehme sie bei vielen frauen und mädchen in meinem bekanntenkreis wahr. ja es stimmt: wir leben in einer männerdominierten welt. trotzdem sind es nicht die männer, die alle regeln bestimmen. wenn ich als frau eine rolle übernehme, die ich mir selbst zuteile, wird es für mich schwer, mich über die rolle beschweren. sie zu hinterfragen und zu brechen ist ein ziel des feminismus. wahrscheinlich gilt es für jede einzelne, den feminismus neu zu überdenken. denn für mich hat feminismus auch nichts damit zu tun, fan von alice schwarzer zu sein. deren zeitschrift emma hat aus meiner sicht nichts feministisches, sondern ist zum teil männerverachtend und entspricht damit dem gegenteil. inspirierend sind solche seiten wie das blog mädchenmannschaft (blog), das ich hier nur weiterempfehlen kann. es bezieht sich bei der definition des begriffes auf die encyclopedia britannica, die besagt, dass feminismus “the belief in the social, economic, and political equality of the sexes” ist. es geht also vorrangig darum, sich für die soziale, wirtschaftliche und politische gleichheit von männern und frauen einzusetzen. nach dieser deninfition ist fast jede und jeder in meinem bekanntenkreis ein feminist bzw. eine feministin.

in zukunft sollte ich über äußerungen wie "du alte feministin" lächeln. und sagen: "du doch auch".

p.s. mir ist bewusst, dass der feminismus viele einzelne ausprägungen und richtungen kennt. die einzelnen aspekte genauer zu beleuchten, erschien mir für diesen text zu ausführlich, da es mir um den allgemeinen gebrauch des begriffes "feminismus" geht. es sei mir verziehen.

Dienstag, 17. April 2012

tagebuch der empörung teil III

1.) seit einem monat gilt in der russischen großstadt sankt petersburg ein gesetz, das homosexuelle im großen stil diskriminiert. auch vorher schon war es riskant, sich als homosexuelles paar in der öffentlichkeit zu zeigen. mit dem neuen gesetz ist es auch noch für jeden menschen verboten, über gleichgeschlechtliche liebe zu sprechen! im gesetzestext wird homosexualität mit pädophilie fast gleich gesetzt, was eine weitere stigmatisierung erzeugt. bei demonstrationen gegen diesen neuen diskriminierenden maulkorb wurden bereits einige aktivisten festgenommen. das gesetz, das nun in sankt petersburg die homophobie hochhebt, soll in ganz russland gültig werden.

2.) auch in bahrain werden ständig menschenrechte verletzt. in den vergangenen monaten wurde verschärft gegen demonstranten vorgegangen, zahlreiche kamen dabei ums leben. trotzdem wird hier mitte april das formel-1-rennen stattfinden. und sebastian vettel fällt dazu nur wenig weltmeisterhaft ein, man dürfe sich nicht in fremde angelegenheiten einmischen. mir fällt dazu sein: es wäre ein wichtiges zeichen, eine veranstaltung in dieser größenordnung abzusagen. das gleiche gilt im übrigen auch für den eurovision contest in aserbaidschan – das autoritäre regime geht nicht weniger scharf gegen dissidenten vor. soll das wirklich unterstützt werden?

3.) rausreden scheint die echte taktik zu sein. ein stahlwerk von thyssen krupp in rio de janeiro macht das leben der bevölkerung schwer. menschen, die in der umgebung der großen anlage leben, haben mit starken juckenden und schmerzenden ausschlägen zu kämpfen, die fische im nahe gelegenen fluss sind so gut wie ausgestorben. brasilianische organisationen führen das auf den metallstaub zurück, der regelmäßig über den siedlungen herunterkommt. wissenschaftler stellten fest, dass darin giftige schwermetalle enthalten sind. fischer haben bereits wiederholt gegen das stahlwerk geklagt. thyssen krupp redet sich raus, es habe probleme gegeben, aber man habe vieles richtig gemacht. sie behaupten sogar so dreist, es sei nur graphit im metallstaub enthalten und spielen die gesundheitliche belastung herunter. profit wird einfach immer wieder zulasten anderer gemacht. und da wird nicht nur von seiten thyssen krupp mindestens ein auge zugedrückt.

Mittwoch, 11. April 2012

was gesagt werden muss

eigentlich genial: seit einer woche ist das aufreger-thema schlechthin in den medien ein gedicht. dass lyrik es soweit in die öffentlichkeit bringt, ist selten und ist wertvoll in meinen augen. aber ist diese lyrik an sich auch wertvoll? es wird zeit, dass ich dazu auch noch etwas loswerde. denn es gibt tatsächlich einiges, was gesagt werden muss.

günter grass ist eine schwierige und umstrittene person. allein wegen der tatsache, dass er selbst immer wieder auf einzelne personen und deren vergangenheit im zweiten weltkrieg hinwies, es jedoch versäumte, seine eigene darzustellen. skandalös ist, wie er das umging. nun schreibt er ein gedicht.

ja, es stimmt. israel gefährdet den weltfrieden. genauso wie viele andere staaten den weltfrieden gefährden. sicher gehört iran dazu. es stimmt, was er sagt, und es stimmt, dass wir darüber sprechen müssen. schweigen ist in diesem fall kein gold! grass übertreibt aber auch. das thema israelische atomwaffen ist nicht unter ein tabu gestellt, auch in den westlichen medien nicht. die lieferung der u-boote ist keinesfalls unumstritten. man könnte sagen, er lässt einige informationen aus, die relevant sein könnten. ob er das mit absicht tut? oder ob es ihm nicht wichtig erscheint?

in jedem fall: ich finde es wichtig, dass auch menschen in deutschland keinen maulkorb tragen müssen, wenn es um israel geht. ich finde es wichtig, dass wir auf den punkt bringen dürfen, was wir erleben und sehen. ich finde es wichtig, dass solche lyrik möglich ist. auch in deutschland. oder gerade in deutschland? wer hier zum schweigen aufruft macht einen fatalen fehler. denn schweigende mitläufer, das hatte deutschland im zweiten weltkrieg genug. diese schweigende und zuschauende masse machte leid und verbrechen erst möglich. ansonsten kann ich nur wiederholen, was ich im prinzip schon in meinem artikel nach meiner israel-reise betont habe (historische altlasten auf reisen): es ist furchtbar, dass wir, die jungen menschen, diese historische altlast zu tragen haben. ich bin wütend, dass ich so unfrei bin aufgrund dieser schrecklichen verbrechen im zweiten weltkrieg. ich bin unglaublich wütend, sobald ich daran denke.

ich denke, dass günter grass der falsche ist, die kritik an der politik des staates israel zu äußern. er ist aufgrund seiner eigenen geschichte eindeutig in der falschen position. aber grundsätzlich hat er recht mit dem, was er sagt.

was gesagt werden muss: die person ist falsch. die aussage nicht.

Mittwoch, 4. April 2012

radikal gedacht

immer wieder höre ich in diskussionen: "sei nicht so radikal!". und auch mein blog erscheint manch einem zu radikal. für viele gilt scheinbar immer noch das maß des angeblich goldenen mittelweges. und sicher hat dieser seine berechtigung in vielen bereichen. aber manchmal muss man einen weg rechts oder einen weg links davon einschlagen, soviel ist für mich sicher. wenn radikal bedeutet, neue gedanken zu formulieren, abweichend vom durchschnitt zu denken, zu handeln, zu fühlen, wenn radikal bedeutet, der gleichgültigkeit einen strich durch die rechnung zu machen – ja, dann bin ich unglaublich gern radikal. dann will ich radikal sein. und will sogar andere dazu aufrufen. irgendwie radikal? eigentlich überhaupt nicht. ich bin sicher nicht extrem. ich habe gewalt schon immer abgelehnt. ich gehöre nicht zu den steine-werfern. ich will aber auch nicht zu den mitläufern gehören. ich glaube, dass es etwas dazwischen gibt. ich bin gegen abschiebung von flüchtlingen und gegen diskriminierung und fremdenhass. ich habe ein problem mit nazis und deren gedankengut. ich bin gegen atomkraft. dafür glaube ich an kostenlose bildung und chancengleichheit. ich bin für ein bedingungsloses grundeinkommen, immer noch. ich glaube an keinen gott, dafür an menschen, die etwas bewegen können. und ja, wenn das alles radikal ist – dann bin ich es gerne.

ich hoffe, dass sich viele immer wieder auch auf seitenwege wagen. zumindest mal rüberschaun. und mal ausprobieren. denn wie kurt marti sagt: "wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge, um einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge".

denn: beim kampf um die menschenwürde gibt es keinen goldenen mittelweg.

Dienstag, 13. März 2012

vom wasser

gestern war der erste tag des weltwasserforums 2012 in marseille. eine gute gelegenheit, ein paar worte über wasser zu verlieren.

wasser - wir brauchen es in so vielen bereichen. zum trinken, zur zubereitung von essen, um wäsche zu waschen und um uns selbst zu waschen. für die toilettenspülung und natürlich auch für die industrielle herstellung unzähliger produkte. ich hatte das glück, in einer gegend geboren zu sein, in der das wasser nicht knapp ist. ich kann jeden tag duschen- sogar so warm wie ich mag - und kann bei fließendem wasser mein geschirr abspülen. manchmal mach ich das sogar. welch luxus das ist, ist uns selten bewusst.

häufig wird moralisch appelliert: denk doch an all diejenigen, die keines haben! ohja, daran zu denken ist sehr wichtig. sich bewusst zu machen in welchem luxus man lebt, ist unwahrscheinlich wichtig. aber es ist doch gleichzeitig so: ob ich 5 oder 10 minuten dusche, wirkt sich vor allem auf den geldbeutel und natürlich auf die umwelt aus. aber soziales duschen gibt es nicht. das wasser, dass ich bei einer katzenwäsche spare, kommt nicht bei denjenigen an, die es benötigen!

betrachten wir den wasserverbrauch erst mal aus ökologischer perspektive. ja, es macht sinn, wasser zu sparen. zwar sind – darüber wurde in den letzten jahren häufig gesprochen – unsere leitungen für mehr wasser gedacht, als derzeit durchfließt. aber das ist ein mangel im system, nicht im sparsamen verbrauch.

und wo können wir auf indirekte weise am wasser sparen? ökopapier aus recycling-fasern und auch recycling-toilettenpapier ist super. neben der tatsache, dass hierfür kein bzw. kaum holz benötigt wird, brauchen die hersteller deutlich weniger wasser zur produktion. und viel wasser wird auch benötigt, um unsere fleisch-liebhaber zu versorgen. die herstellung von tierischen lebensmitteln ist extrem wasserintensiv. so geht die un davon aus, dass für ein kilo rindfleisch etwa bis zu 15.000 liter wasser benötigt werden. im vergleich dazu: für ein kilo reis sind nur 2.500 liter wasser nötig. ich rufe hier nicht auf, sofort zum vegetarier zu werden. aber ein nachsinnen über den fleischkonsum finde ich wichtig. und vielleicht schafft es doch der eine oder die andere, immer wieder auf fleisch zu verzichten - der umwelt zuliebe.

trotzdem kann wassersparen sozial sein, oder nicht? denn der größte wasserverbrauch findet in der industrie statt und indirekt haben wir da doch einfluss. fatal ist doch, wenn beispielsweise coca cola eine fabrik in nordindien besitzt und dort den menschen das lebensnotwendige gut abzwackt, um daraus ihr getränk herzustellen. viele unserer güter wie dieses koffein-gesöff werden inzwischen im ausland produziert. und dann diese firmen, die mit wasser geld machen. der große nestlé-konzert ist ein beispiel dafür. die kommerzialisierung und die privatisierung der wasserversorgung ist skandalös. auch in brasilien findet das statt. konzerne wie nestlé und coca cola kaufen hier wasserreiches land auf und entscheiden damit, wer hier zugang zu wasser hat. wie immer entscheidet geld darüber, wer gesund bleiben darf (siehe auch staytuned).
der film "bottled life" thematisiert die vorgehensweise von nestlé. leider habe ich den film noch nicht gesehen, da er in deutschland noch gar nicht gezeigt wird. die deutschen kinos bringen die dokumentation bisher nicht. warum? ich hoffe, dass es sich nur um eine verzögerung und nicht um eine verweigerung von wissensweitergabe handelt.

denn die un hat eben empörende zahlen veröffentlicht (nachzulesen unter wasser-statistiken der un): etwa 900 millionen menschen weltweit müssen ohne trinkwasser auskommen, 2,6 milliarden menschen stehen keine sanitären anlagen zu verfügung. und jedes jahr sterben etwa 3,5 millionen menschen an den folgen von schlechter wasserversorgung.

wasser ist keine ware! wasser ist teil der "würde des menschen". wasser darf nicht privatisiert werden und zu einem kommerziellen produkt werden. wasser ist ein menschenrecht.

das weltwasserforum steht auch dieses jahr stark in der kritik. es fordert offiziell eben diesen zugang zu sauberem wasser. aber letztlich erreichen wird es nicht viel, davon gehen experten aus. und die taz schreibt, dass zuviel geld für dieses forum ausgegeben wird, was direkt in brunnen investiert werden könnte – bei der eigentlichen wasserversorgung und nicht da, wo über sie gesprochen wird (taz-kommentar wasserforum).

und letztlich ist es diese ironie: dass diejenigen, die kein wasser haben, alles ausbaden müssen.

Donnerstag, 1. März 2012

tagebuch der empörung teil II

1.) christian wulff erhält nun doch den ehrensold. politische gründe für den rücktritt werden angegeben. da wird doch wieder mal alles so rumgedreht, dass es den mächtigen passt! für mich ist offensitlich, dass die gründe für wulffs rücktritt persönlicher art waren. dieser ehrensold ist hier nur ein sold ohne ehre.

2.) ein polizeikalender in bayern enthält einige fragwürdige, als rassistisch einzustufende karrikaturen. kritikern wird vorgeworfen, sie hätten keinen humor. oder es wird gesagt, diese art von galgenhumor sei eben nur für jemanden verständlich, der bei der polizei arbeite (siehe zum bespiel diesen artikel in der taz).
auf welcher seite stimmt hier eigentlich was nicht?

3.) die rechte szene findet schon seit langem nicht nur in der musik sondern auch beim fußball viele anhänger. nachdem es häufig mit rassistischen sprüchen gegen schwarze spieler ging, wurde jetzt auch ein israelischer spieler (itay shechter) mit antisemitischen parolen belästigt. vereine sollten sich klarer und entschiedener gegen diskriminierung dieser art positionieren.

Donnerstag, 23. Februar 2012

tagebuch der empörung teil I

1.) frontex-mitarbeiter fassen asylsuchende mit gummihandschuhen an, als seien diese minderwertige wesen oder gar abfall.

2.) putin erklärt in seiner rede im moskauer olympiastadion luschniki, die russen seien ein siegervolk, der erfolg liege ihnen in den genen. glaubt er, teil einer wertvolleren rasse zu sein?
und die anhänger bejubeln ihn.

3.) us-amerikanische soldaten verbrennen in afghanistan ausversehen exemplare des korans. sollten sie sich nicht ausreichend mit der gesellschaft vor ort auskennen und wissen, dass das eine todsünde im islam ist?
(dies sage ich im übrigen, ohne die afghanische reaktion entschuldigen zu wollen)

Donnerstag, 16. Februar 2012

deutsche gastfreundschaft

asylpolitik macht mich fast immer wütend. für mich ist sie jedesmal ein wichtiges kriterium bei den wahlen und tatsächlich muss ich immer wieder feststellen, dass in bezug auf asylpolitik eigentlich keine partei wählbar ist.

ich bin auch in diesen tagen immer wieder aufs neue entsetzt. obwohl offensichtlich ist, wie die situation in syrien derzeit ist, gibt es in deutschland bis auf schleswig-holstein keinen abschiebestopp für syrische flüchtlinge. und wer nach deutschland kommt, hat oft unter menschenunwürdigen bedingungen zu leben.

anfang des jahres protestierten jugendliche flüchtlinge, vorwiegend aus afghanistan, mit einem hungerstreik gegen die situation in der stillgelegten bayernkaserne in münchen. sie hatten nicht die versprochenen deutschkurse erhalten. eine aggressive atmosphäre breitete sich in der überfüllten erstaufnahmeeinrichtung aus, viele der minderjährigen flüchtlinge konnten nachts nicht schlafen vor angst. wer hier ruhe zum lernen sucht, findet kaum einen stillen ort. und wer hilfe sucht, findet selten einen ansprechpartner. für ein paar tage ist eine solche unterkunft akzeptabel, nicht aber für einige monate, wie das in der bayernkaserne der fall ist.

eine neue dokumentation der martin-niemöller-stiftung gemeinsam mit pro asyl zeigt, wie heftig auch die bedingungen in der sogenannten abschiebungshaft sind. in die abschiebehaft kommen nach §62 des aufenthaltsgesetzes all jene flüchtlinge und migrantinnen, die ausreisepflichtig sind, abgeschoben werden sollen und ihnen unterstellt werden kann, dass sie sich ihrer abschiebung entziehen könnten. etwas verbrochen haben diese menschen demnach nicht. dennoch werden sie häufig für mehrere monate in die abgeschiebehaft gesteckt, in denen oft erbärmliche zustände vorherrschen. die bedingungen sind von bundesland zu bundesland sehr unterschiedlich, wie die aus der dokumentation entstandene tabelle zeigt (haftbedingungen im überblick). in manchen dieser abschiebehaftanstalten haben die flüchtlinge nur zwei stunden hofgang täglich, dürfen kaum besuch empfangen oder telefonieren. Mahlzeiten müssen in den einzelnen zellen eingenommen werden. teilweise ist sogar gefangenenkleidung pflicht.

dies entspricht in etwa den bedingungen von strafvollzug und widerspricht damit der europäischen rückführungsrichtline, nach der sich abschiebungshaft deutlich von strafhaft unterschieden muss.

um es nochmal zu betonen: diese menschen haben nichts verbrochen.

pro asyl berichtet auch, dass viele menschen rechtswidrig in abschiebungshaft genommen werden. oftmals werden diese flüchtlinge dann nach einer gerichtsentscheidung freigelassen. daher ist es neben menschlichen unterbringungsumständen umso wichtiger, abschiebungshäftlingen zugang zu einer unabhängigen und guten rechtsberatung zu gewähren.

natürlich kann flüchtlingen nicht die heile welt europas präsentiert werden, die sie sich vielleicht in der fernen heimat vorgestellt haben. und leider haben wir wenig einfluss auf die eliten in manchen ländern, die macht ausüben und lebensformen bestimmen. aber wir haben einfluss darauf, wie wir verfolgte menschen, die eben aus diesen unterdrückenden bedingungen entfliehen, hier behandeln. wir, die europäische gesellschaft, die sich heute so satt und zufrieden im kissen räkelt, hat jahrelang von den kriegen und vom leid anderer nationen profitiert. diese verantworung, ja diese altlasten, haben wir zu tragen. auch die würde des flüchtlings sollte unantastbar sein.

Mittwoch, 15. Februar 2012

rot

leidenschaft. von allen farben die wärmste. wut. rockmusik. energie. tod. blume. kraft. johannisbeere. ungewöhnlich. weihnachten. gemütlich. rote-armee-fraktion. eine reife tomate. sonnenaufgang. die linke. herbst. lärm. puls. rotkäppchen. schärfe. wild. das pralle leben. lippen. macht. blut. gefühl. empörung. salami. irrationalität. curry. bewegung. das böse. verletzung. warnsignal. kirsche. theatervorhang. coca cola. rotkehlchen. kommunismus. erröten. apfel. luftballon. gift. fröhlich. sari. roter faden. massage. haar. ärger. ziegelstein. radieschen. scham. lola rennt. freude. platzverweis. hagebutte. korrektur. gummibärchen. roter oktober. impulsiv. rost. absolut. sex. roter teppich. weihnachtsmann. zahnfleisch. pommes rot-weiß. chilischote. ausgelassenheit. pippi langstrumpf. originalität. wein. hexe. achtung. wärme. dach. erdbeere. sonnenbrand. kussmund. auffallend. feuer. rote bete. wille. von allen farben die heftigste. knutschfleck. tortenguss. freundschaft. bollywood. aidsschleife. krass. ampel. rubin. sonnenuntergang. granatapfel. hitze. emotion. paprika. geburt. mohnblumen. sünde. stress. sparkasse. feuerwehr. von allen farben die lauteste. leben. rose. intensiv. erotik. schneeeweißchen und rosenrot. salsa. spd. schottenrock. ampelmännchen. rote lippen soll man küssen. punk. ausflippen. abend. aggressivität. rotlicht. fluch. wüste. tag. laut. dessous. basketball. widerstand. stierkampf. der planet mars. blutwurst. media markt. rot sehen. cranberries. lippenstift. weintrauben. rote zahlen. zorn. rot-grün-schwäche. kerze. markierung. teufel. rotschopf. kampf. fliegenpilz. hölle. revolution. warm. aufmerksamkeit. verführung. von allen farben die schönste. tulpen. stopp-schild. wach sein. china. matroschka. rosarote brille. verlegenheit. verrat. holi. krebs. die bild-zeitung. rote linsen. bonbons. orgasmus. schwedenhäuschen. lebensfreude. nagellack. tanz. absicht. zunge. krach. rasant. schmerz. blätter im herbst. christbaumkugeln. leid. tiefe. londoner doppeldeckerbus. stärke. kinosessel. signalfarbe. satan. von allen farben die mächtigste. blutorange. wunde. grenzziehung. himbeere. deutsches rotes kreuz. eichhörnchen. henna. krieg. aufstand. schnell. roter platz. dämmerung. mund. rotlichtmileu. kuss. von allen farben die intensivste. rote armee. erde. paprikapulver. missverstehen. liebe.

Sonntag, 29. Januar 2012

geboren, um frei zu sein

"wir sind geboren, um frei zu sein" singt die legendäre gruppe "ton steine scherben" um rio reiser im jahr 1973 und so singen sie es immer wieder für mich, immer wenn mir danach ist. klingt das für euch nach einem schwachsinnigen ideal?

ich glaube, man kann das lied und seine message von mindestens zwei seiten betrachten. zum einen denke ich: wie nett. ist ja schön gesagt, aber wir sind nunmal keine komplett freien menschen. jede wird von ihren genen, von ihren mitmenschen, vom abstrakt so schön als "system" bezeichneten umfeld geprägt, und meistens fühlen wir uns auch nicht frei von finanzieller absicherung.

aber was steckt dahinter? vom geld abhängig bin ich nur in einem rahmen, in dem diese abhängigkeit aufrechterhalten wird. in einem system, in dem finanzen die große rolle spielen. unabhängiger vom geld würde ich beispielsweise durch ein bedingungsloses grundeinkommen werden. und die einflüsse der anderen, der mitmenschen? ja, ich muss sagen, die spüre ich auch oft. dann grüble ich, was die anderen darüber was ich mache oder sage, denken. wir kommen uns häufig so klein und unwichtig vor und hoffen, ein wenig liebe oder wenn möglich sogar sehr viel liebe zu erhalten. ist das nicht unwahrscheinlich unfrei?

zum anderen glaube ich an die freiheit. ich glaube, dass das wichtigste ist, sich dieses ziel des freiseins zu setzen. wie kann ich frei sein, wenn ich es nicht wage? wie kann ich mich lösen vom "was-denken andere-über-mich"-diskurs, wenn ich mich nicht engagiere, wenn ich nicht mein bestes tue, um dies loszuwerden? wäre es nicht wunderbar, sich mal zu fragen, was man wirklich will - als sich andersum zu fragen, was die anderen von einem wollen? wäre es nicht herrlich, sich mal zu fragen, welche seminare an der uni einen wirklich interessieren – als sich andersrum zu fragen, welche seminare an der uni einem creditpoints geben? wäre es nicht ein traum, einen beruf anzustreben, der einen glücklich macht – als sich andersrum zu fragen, welcher karriereweg einen reich machen kann? wäre es nicht schön, sich mal zu fragen, ob man selbst wirklich lieben kann und wen man liebt - als sich andersrum zu fragen, ob man geliebt wird und von wem?

ich glaube, freiheit ist vor allem freiheit im denken, nicht im tun. und dann sind wir doch irgendwie geboren um frei zu sein.

Mittwoch, 25. Januar 2012

wörterlust

worte können vieles sagen
und mit worten kannst du fragen.
manche steigern deine liebe,
andre worte sind wie hiebe.

es gibt worte die zerbrechen
vorsichtig darfst du nur sprechen.
manche wiederum sind klar,
direkt, prägnant und offenbar.

jeder der kommuniziert,
hofft das jemand auch kapiert
um was es ihm geht.

jeder will, dass der andre versteht.

oft bleibt sinn uns erst verborgen
dann verstehen wir uns morgen.
letztlich ist nur wichtig:
kaum ein wort ist nichtig.

lust an sprache, lust an worten,
lust am schreiben an allen orten.
schreiben werd ich oft für dich,
aber manchmal nur für mich.

Donnerstag, 5. Januar 2012

wer ohne schuld ist ...?


lieber herr bundespräsident und sonstige gestalten des öffentlichen raumes, die sich immer wieder mit dieser phrase rausreden: ihr nervt!

natürlich hat jeder von uns irgendwann einen fehler begangen. die einen kleinere, die anderen größere. jeder von uns hat sich irgendetwas zuschulden kommen lassen. mir wäre es jedoch peinlich, mich mit so einem satz retten zu wollen. wieso nicht einfach eine ehrliche entschuldigung, eine erklärung dessen, was war? wieso dieses relativieren und in beziehung zu all den fehlern zu setzen, die irgendwo auf der welt gemacht werden? die kredit-affäre, herr bundespräsident, ist nicht das eigentliche problem. der echte fehler liegt darin, die pressefreiheit anzugreifen. und darin, sich rausreden zu wollen. hätten sie doch gleich nach den ersten berichten über die kredite eine entschuldigung ausgesprochen! stattdessen waren sie stolz und eitel. und scheinbar so wütend über die situation, dass sie sich zu einem echt peinlichen anruf bei der bild hinreißen ließen. was ist da los? wie kann plötzlich der verstand so aussetzen?

und dann noch der satz "wer ohne schuld ist, werfe den ersten stein". ich kann dieses bibelzitat einfach nicht mehr hören. es ist so wunderbar einzusetzen bei jedem fehler, bei jedem eingeständnis von irgendwelchen schandtaten, ob größer oder kleiner. hier sollen keine parallelen gezogen werden, aber sogar hitler hätte dieses zitat bringen können und letztlich irgendwo recht gehabt.

dieses eitle getue und sich gleichzeitig als opfer darstellen – das nervt wirklich. ich glaube nicht, dass die bevölkerung bibelzitate will, sie will neue formen der entschuldigung, sie will ehrlichkeit und aufrichtigkeit.

ihre johanna