Montag, 25. Juni 2012

tagebuch der empörung IV

1. erst vor kurzem tauchten details über syphillis-studien auf, die in den 1940er jahren in guatemala durchgeführt wurden. bei diesen hatten us-amerikanische ärzte mit zahlreichen menschen versuche gemacht. heftig ist vor allem diese information: menschen wurden absichtlich mit geschlechtskrankheiten wie syphillis etc. infiziert, um den wirkstoff penicillin zu erforschen. ein perverses und unmenschliches verhalten haben diese mediziner gezeigt, von denen sich vor allem john cutler einen namen machte. dieser verstarb 2003 ohne sich jemals entschuldigt zu haben. und die verwitwete ehefrau meint dazu schlicht, es seien andere zeiten gewesen.
andere zeiten – die alles legitimieren? die es erlauben, menschen so zu behandeln? erschreckend diese perspektive. erschreckend auch, dass die klage der bis heute betroffenen zurückgewiesen werden wurde. begründung: die usa könne auf verletzungen, die im ausland zugefügt wurden, keine ansprüche geltend machen. (guter bericht auch bei zeit online).

2. dirk niebel, deutscher bundesminister für wirtschaftliche zusammenarbeit und entwicklung, hat am freitag die hand des neuen staatschef paraguays geschüttelt. die nachricht, die weltweit ankam ist die: niebel und damit auch die deutsche regierung erkenne den machtwechsel an. dabei hat keines der südamerikanischen staaten das bisher getan. das hat vor allem damit zu tun, dass federico franco, der neue staatschef, unter bislang ungeklärten umständen ins amt kam. niebel unterstützt öffentlich die putschisten und den staatsstreich in paraguay.
der entwicklungsminister hat sich in den letzten jahren besonders dafür engagiert, die wirtschaftliche entwicklung deutschlands voranzutreiben. auch die aktuelle handlung wird seiner position in keinster weise gerecht und man fragt sich:
ist niebel blauäugig? oder auf dem rechten auge blind?

2. die fußball-em bringt wieder unverhohlenen patriotismus zutage. mich beschäftigt die idee, warum ausgerechnet staaten gegeneinander spielen müssen und ob es dazu keine alternativen gibt. staaten waren für viele jahre eine wichtige ordnungseinheit und sie dienen auch heute noch dazu, mannschaften zu bilden. soweit so gut. es ist in ordnung, für die deutsche mannschaft zu sein. genauso wie es in ordnung ist, für die italienische mannschaft zu sein. problematisch wird es erst dann, wenn sport und fußball vermischt werden. stolz auf die deutsche mannschaft muss nicht stolz auf deutschland bedeuten. den deutschen fußball zu feiern bedeutet nicht deutschland zu feiern. leider geht das im getümmel oft unter. man muss penibel auf die unterschiede zwischen fußballfeierei und nationalistischem denken achten. leider sind die grenzen oftmals fließend. es ist wichtig, wachsam zu bleiben.

Dienstag, 5. Juni 2012

deutschlands rassistischer alltag

für manche menschen in deutschland ist rassismus alltäglich, der alltag in deutschland oft rassistisch. in gesprächen mit freunden und bekannten stelle ich immer wieder fest, wie wenig sie zum teil darüber wissen. wer damit nicht selbst zu tun hat, kann es sich oft nur schwer vorstellen. "immerhin leben wir ja in deutschland!" heißt es dann, in der annahme, hier ginge alles so friedlich und fair und tolerant zu. und die polizei würde die menschenrechte mitverteidigen oder so. erst im kontakt mit migrantinnen – und den haben leider nicht alle, da unsere gesellschaft eben nicht eine "salad bowl" ist – wird einem oft deutlich, welchen rassismen sie im alltag begegnen.

schwarze bekannte berichten von den unzähligen passkontrollen, denen sie sich ausgesetzt fühlen. ich selbst wurde noch nie einfach so von der polizei aufgehalten und gebeten, meinen personalausweis zu zücken. ihr? menschen, bei denen aufgrund der hautfarbe, der form ihrer augen oder sonstiger angeblich typischer merkmale vermutet wird, dass sie nicht deutsche sind, müssen das ständig! ich kenne menschen, die etwa jede woche einmal geprüft werden. dies geht auf das "racial profiling" zurück, eine gängige verdachtsunabhängige kontrolle nach schlicht rassistischen kriterien. polizistinnen kontrollieren also gezielt ausländisch aussehende, vor allem schwarze mitbürgerinnen (siehe auch alltäglicher rassismus in deutschland). jede, die das nicht glauben kann, ist vermutlich einfach nur in der glücklichen lage, davon nicht direkt betroffen zu sein.

ein anderes beispiel. eine dunkelhäutige freundin von mir ist in einem club und steht mit freunden am tresen. ein junger mann spricht sie an und fragt, ob sie nicht tanzen mag. als sie verneint, fragt er sie lächelnd: "eigentlich müsstest du doch das tanzen im blut haben!". als wir darüber sprachen, meinte eine bekannte, das sei doch eigentlich ein kompliment gewesen. nämlich, dass sie gut tanzen könne, natürlich aufgrund ihrer herkunft. ein kompliment, das rassistische denkweisen als basis hat? meine freundin jedenfalls meinte, dies schlimmer zu finden als jeden "negerkuss", den sie in ihrer kindheit mit freude gegessen hat. es ist diese seltsam form des rassismus, die sich so lange halten kann, weil menschen die brisanz nicht sehen. die diese aussagen als nicht rassistisch, sondern als kompliment abstempeln. doch: auch dies ist rassismus, denn er geht auf die denkweise zurück, dass menschen aufgrund ihrer hautfarbe anders sind. er führt dazu, dass menschen aufgrund ihrer hautfarbe anders behandelt werden. man nennt dies positiven rassismus.

vermutlich würde auch die firma kraft foods genau so ihr produkt verteidigen, die ihre "zigeunersoße rassig pikant" weiterhin verkauft. daher möchte ich hier nochmal auf meinen beitrag zu diesem lebensmittel, das mich im höchsten maß empört, hinweisen (rassig pikant). nicht zuletzt in der kommenden grillsaison werden wir dieser soße vermutlich immer wieder begegnen.

genauso wie menschen mit für deutsche untypischem aussehen immer wieder im alltag rassismen begegnen müssen. ich meinte oben, dass viele von uns nicht direkt betroffen davon sind, zum beispiel auch ich nicht. indirekt sind wir jedoch alle davon betroffen. denn diese gesellschaft bleibt auch so, wenn wir nichts dagegen tun. wenn wir nicht zivilcourage beweisen und in momenten, in denen wir derartiges bei der anderen erleben, einschreiten und entrüstet "stopp!" sagen.