Mittwoch, 4. Juli 2012

von nackten brüsten

mit nackten brüsten, mit nackter haut im allgemeinen, erreicht man weiterhin die breite öffentlichkeit. sex sells, das weiß ja jedes kind. die feministische bewegung "femen", die aus der ukraine kommt und europaweit für schlagzeilen sorgt, macht sich das zunutze. sie entblößen demontrativ ihre oberkörper, um gegen sextourismus, sexismus, wladimir putin und die unterdrückung der frau zu protestieren. interessanterweise sind das vorrangig junge, schlanke und auch sonst dem aktuellen schönheitsideal entsprechende frauen.

auf der einen seite bin ich erleichert. hängt feministischen gruppen doch immer das vorurteil an, diese frauen seien einfach mannsweiber, die keinen kerl abbekommen haben. allein diese formulierung ist ein sprachlicher gewaltakt, weil frauen über den mann definiert werden, das ist mir bewusst. ich freue mich ein wenig über diesen – entschuldigt diese denkweise! – ästhetischen protest. und dennoch ist das für mich eine schwierige form des feministischen widerstands. diese frauen wollen nicht als sexobekt gesehen werden, sie möchten gegen die sexualisierung der frau demonstrieren. sexualisieren sie ihren widerstand um dies zu erreichen!?

im prinzip erscheint es logisch. denn damit bestehen beste chancen, auch wirklich in den medien erwähnt zu werden. beste chancen, gesehen zu werden. aber ist das wirklich der richtige weg? der versuch, die öffentlichkeit zu erreichen, gelingt. die bilder von oben ohne demontrierenden frauen geht um die welt. es wirkt. denn junge, nackte frauenkörper positioniert man gerne in den medien. nun darf man sie sogar auf der politik-seite zeigen und muss sich als zeitung nicht mal schämen. die frage ist, ob aber auch der diskurs danach stattfindet. gelingt es, die öffentlichkeit mit dem eigentlichen thema des protestes zu erreichen? blicken viele medien und viele menschen hinter diesen bloßen oberkörper? oder anders gefragt: hat "femen" auch die chance, nicht nur gesehen, sondern auch gehört zu werden?

selbstverständlich wird in tageszeitungen, fernsehprogrammen und internetforen klargestellt, warum diese frauen sich öffentlich ausziehen. natürlich interessiert es auch immer wieder die menschen, warum die jungen mädchen diese form des protestes wählen. aber aus meiner sicht wird hier der protest oft viel zu verkürzt dargestellt. mehr noch - ich bemerke auch das: da ergötzen sich männer (und vermutlich auch frauen) an den bildern nackter frauen. im internet kursieren fotos, die jeweiligen kommentare bei facebook unter diesen bildern sind "geil", oder ähnliches. für viele spielt die berichterstattung keine rolle, hier findet schlicht lust an sensation und nackter frauenhaut statt.

und das ist die traurige ironie der "femen"-bewegung: mit dem antisexistischen protest wird schlicht sexistisch umgegangen.
oder ist gar die bewegung selbst auch sexistisch?

diese frauen zeigen mit ihrer form des protestes scheinbar, dass ihr (nackter) körper ihre wichtigste waffe ist. und genau das ist der fehler. frauen müssen zeigen, dass sie mehr als nur ihre brüste sind. dass sie nicht schön sein müssen, um gehört zu werden. dass sie nicht nackt sein müssen, um thematisiert zu werden. dass sie nicht auf sexistische muster zurückgreifen und ihre bewegung sexualiseren müssen. aber genau das machen "femen" und nachahmende bewegungen.

darum meine ich: es ist ein wenig sinnvoller widerstand.