Mittwoch, 15. Mai 2013

tagebuch der empörung VIII

1. morgen öffnet das barbie dreamhouse in berlin seine pforten. eine traumwelt voller hübscher kleidung und eleganten schuhen, mit himmelbetten und zuckrigen cupcakes. die kinder, deren eltern den gesalzenen eintrittspreis gezahlt haben, können sich in entzückende kleider zwängen und sich einmal wie ein topmodel fühlen. ein echter traum in rosa eben! und ein echter albtraum für die sozialisierung dieser kinder. für die gesellschaft, die diese kinder prägte und die sie selbst einmal prägen werden. dieses „traumhaus“ ist eine absurde werbeinstitution für eine puppe, die – wäre sie ein echter mensch – aufgrund ihrer magerer, unproportionalen figur krank wäre und der der aufrechte gang schlicht unmöglich wäre. wie sollen in so einer gesellschaft gesunde kinder aufwachsen, denen die grazile figur nicht alles ist? und: das mit den cupcakes macht doch eh in so einer welt keinen spass. wer die isst, kann ja in keinem fall bei der grazilen figur bleiben! ein echter albtraum …

2. die bundeswehr ist dringend auf der suche nach jungen männern und frauen, die bereit sind in den krieg zu ziehen. da greift man doch auch mal auf mittel zurück, die erschreckend sind: schon im september letzten jahres berichtete der spiegel in einem artikel (artikel im spiegel) über die werbung der bundeswehr in der bravo. damit wirbt eine militärische einrichtung in einer der beliebtesten zeitschriften für jugendliche, die sonst für berichterstattung über popstars und sexuelle aufklärung bekannt ist. mit „adventure camps“ in den ferien werden die jungen leute gelockt. und die bundeswehr wird zu einer aufregenden, aber fröhlichen institution. auch bei vorträgen in der schule und bei ständen auf dem unicampus wird am image der bundeswehr gefeilt. das verteidigungsministerium investiert angeblich 27 mio euro jährlich in nachwuchswerbung! was man mit diesem geld alles sinnvolles machen könnte …

3. es ist wichtig, dass der nsu-prozess soviel mediales interesse bekommt. leider wurde dieses jedoch bislang dominiert von der vergabe der presseplätze, die wochenlang andauerte und viel unmut hervorrief. die erste zuteilung der plätze war sicher unfair. nervig ist aber, dass sich einige medien für eine auslosung stark machten und kaum waren sie nicht ausgelost worden, waren sie wieder nicht zufrieden. bei der ganzen diskussion wurde ausserdem in den hintergrund gedrängt, worum es wirklich geht: um eine reihe an mordfällen mit rechtsextremen motiven. um rechtsextremen terror, den es in deutschland häufiger gibt, als sich manch einer eingestehen will. es geht auch um die fehler des verfassungsschutzes und die zumutungen für die angehörigen der opfer, weil man ihren familienmitgliedern mafiöse strukturen unterstellte. dass man lange nicht aufklärte, um was es wirklich ging. das ist der eigentliche skandal um den nsu-prozess. nun ist zu hoffen, dass die konzentration auf die aufklärung der morde gelenkt wird. und sich die medien endlich damit beschäftigen, was eigentlich wichtig an dem prozess ist.