Sonntag, 7. Juli 2013

von zivilcourage

in den letzten wochen kamen immer wieder meldungen von vesuchten abschiebungen, die durch flugreisende verhindert oder zumindest aufgeschoben werden konnten (jetzt-süddeutsche). eines der faszinierenden beispiele war der kanadier françois-xavier sarrazin, der kurz vor seinem trip nach budapest erfuhr, dass mit ihm im flugzeug ein flüchtling in sein heimatland transportiert werden sollte. sarrazin weigerte sich im flieger, sich zu setzen und verhinderte so die abschiebung nach pakistan. die taz hat ein interview mit ihm gemacht (taz-interview), in dem er erzählt, wie diese ganze aktion ablief, die er überhaupt nicht geplant, sondern die ihn selbst überrascht hatte. er beschreibt, dass die menschen um ihn herum verängstigt waren und ihn baten, sich zu setzen. er tat es nicht, in der großen überzeugung, das richtige zu tun. ich bewundere diesen mann und diese aktion. auch wenn mir unklar ist, was mit dem pakistantischen flüchtling später passierte. es ist immerhin davon auszugehen, dass die abschiebung direkt mit dem nächsten flieger oder am nächsten tag erneut durchgeführt wurde. aber man stelle sich nur einmal vor, in jedem flugzeug wäre auch nur eine person, die die situation erkennt und eingreift! auf diese weise könnte bewirkt werden, dass die flüchtlinge zumindest das recht bekommt, mit einem anwalt zu sprechen. oder gar die chance, in deutschland bleiben zu können.

für die meisten von uns ist eine flugreise etwas schönes. sie bringt uns in ein fernes land, in dem wir uns weitgehend frei bewegen können.sie verspricht entspannung und erholung. oder sie bedeutet der schlichte transport zu einem geschäftlichen meeting. für andere jedoch kann der gleiche flug bedeuten, in ein land abgeschoben zu werden, das man längst nicht mehr heimat nennen kann. weil man dort gefahr läuft, eingesperrt, misshandelt, gefoltert oder gar getötet zu werden.

der gedanke macht mich traurig und wütend. ich denke an die liebenswerten menschen, die ich kennen gelernt habe. zum beispiel die junge frau aus einem westafrikanischen land, die aufgrund ihrer homosexualität von der familie bedroht wurde. sie flüchtete, weil ihr das leben genommen werden sollte. in deutschland angekommen, hat sie kaum eine chance, dies zu beweisen. homosexualität sei in dem land, aus dem sie kommt, ja gesetzlich nicht verboten, so die behörden. ob homosexuelle menschen jedoch vor ort gesellschaftlich anerkannt und akzeptiert werden, das interessiert hier keinen. und ich denke an den brief, in dem ihre mutter mit aller deutlichkeit schreibt: „komm ja nicht zurück, du bist nicht mehr teil unserer familie. wir werden dich töten“. und die behörden fragen: „woher sollen wir wissen, dass du nicht selbst diesen brief geschrieben hast?“ sie glaubten ihr nicht und forderten beweise.

die wut über diese vorgehensweise bereitet mir bauchschmerzen. was ist zu tun? ich glaube, es braucht den mut aufzustehn. es braucht die stärke, sich zu widersetzen. zivilcourage ist genau das, was in solchen situationen gefragt ist. denn wir als einzelpersonen können nicht die zustände in den herkunftsländern verändern. aber: wir können die zustände bei uns verändern. die verantwortung liegt auch bei uns.

nichts zu tun ist nicht neutral.